2t. Caravan Tag

Rund 120 Teilnehmer hatten sich zum 2. Caravan-Tag am 5. März 2020 in der Georg-August-Zinn-Halle im hessischen Friedberg eingefunden. Aufgrund der durch das Coronavirus bedingten gesundheitlichen Situation hatten sich der Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) und EUROGARANT AutoService AG kurzfristig dazu entschlossen, ihre gemeinsame Veranstaltung in diese größeren Räumlichkeiten zu verlagern. Dort zeigten zunächst die Referenten Klaus Boos (ZKF) und Tim Rüttgers (Caravan-Industrie-Verband – CIVD) in ihren Beiträgen auf, wie sich der Markt für Freizeitfahrzeuge in den letzten Jahren entwickelt hat und welche Argumente für eine Schadenlenkung in der Caravan-Reparatur sprechen.

MARKT FÜR CAMPINGFAHRZEUGE BOOMT

Etwa 1,2 Millionen Reisemobile und Caravans sind derzeit in Deutschland zugelassen. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der neu zugelassenen Freizeitfahrzeuge verdoppelt. Tatsächlich wuchsen allein die Neuzulassungen von Caravans im Januar 2020 um 28,7 Prozent und die von Reisemobilen sogar um 48,7 Prozent: Ein Ende dieses Trends sei derzeit nicht in Sicht, erklärte Tim Rüttgers, und man gehe mit viel Schwung ins neue Jahrzehnt, auch wenn mit dem Brexit Großbritanniens ein wichtiger Absatzmarkt wegzubrechen drohe.

INSTANDSETZUNG VON FREIZEITFAHRZEUGEN IST LÄNGST KEIN NISCHENFÜLLER MEHR

Diese anhaltend positive Entwicklung führt nun auch zu einem Umdenken bei vielen Fachbetrieben und Versicherern, wie Klaus Boos in seinem Vortrag darlegte. Galt die Reparatur solcher Fahrzeuge noch vor wenigen Jahren als nicht zukunftssicheres und wenig lukratives Geschäft, habe sich der Markt inzwischen stark verändert. Heute sei die Instandsetzung von Wohnfahrzeugen längst mehr als ein bloßer Nischenfüller für Werkstätten und die Versicherer zeigten vermehrt Interesse an Fachbetrieben, die die facettenreichen Herausforderungen einer Caravan-Reparatur durchführen können. Keine der Assekuranzen spreche mittlerweile im Zusammenhang mit der Schadensregulierung von Wohnmobilen mehr über „Peanuts“, betonte Boos. Teilersatzlösungen und Kompetenz im Umgang mit der Maxime „Instandsetzen vor Erneuern“ gewinnen in diesem Zusammenhang immer mehr an Bedeutung.

„NETZ SPEZIALISIERTER BETRIEBE KANN NICHT EINFACH EINGESAMMELT WERDEN“

Bereits 2014 hatte der ZKF in Zusammenarbeit mit DEKRA für spezialisierte Werkstätten das Gütesiegel „Caravan-Fachbetrieb“ ins Leben gerufen. Hintergrund war die Nachfrage der Wohnfahrzeughersteller, die für ihre Handelspartner Fachwerkstätten suchten. Ein erster Anlauf für ein begleitendes Schadenmanagement-Konzept setzte sich jedoch nicht durch, wie Guido Kalter, Schadenmanagement-Experte und Vorstandsmitglied der EUROGARANT AutoService AG, im Gespräch mit schaden.news erläutert: „Vor fünf Jahren waren der Markt und die Betriebe von der Denkweise noch nicht auf ein flächendeckendes Schadenmanagement ausgerichtet. Der Markt damals war ein regionaler Reparaturmarkt und das Geschäft lief vorwiegend in den Händlerregionen. Schadenmanagement bedeutet ja, dass man es in die Fläche bringt und versucht eine Struktur hineinzubringen.“ Die bereits geleistete Vorarbeit erweise sich nun freilich als großer Vorteil, betont Dierk Conrad, Geschäftsführer Nutzfahrzeuge beim ZKF: „Es kommen jetzt andere auf den Markt, die jeden Reparaturbetrieb anlaufen und Verträge vorlegen, teilweise als Franchise.“ Dem Experten zufolge baue man bewusst auf einer anderen Basis auf als die hauptsächlich auf die Abarbeitung von Reparaturvolumen konzentrierten Bewerber: „Ein Netz von Fachbetrieben, die oft jahrelange Erfahrung in der Karosseriereparatur mitbringen – auch im Nutzfahrzeugbereich, wo die Sandwichbauweise ebenfalls verbreitet ist – kann man nicht einsammeln, es muss wachsen.“

„DER KUNDE FÄHRT MIT SEINEM EIGENEN ‚KLEINEN HAUS‘ VOR“

Aufgrund der Komplexität der Reparaturen und dem hohen Anspruch, den gerade Caravan-Besitzer an Reparaturqualität und Service stellen, steigt die Zahl der zertifizierten Caravan-Fachbetriebe vergleichsweise langsam. „Vom ersten Kontakt bis zur Durchführung einer Betriebsprüfung dauert es oftmals ein Jahr“, weiß Guido Kalter und fügt hinzu: „Wohnmobilreparatur ist kein Standard, sondern ein hochindividuelles Feld. Eine Werkstatt muss hier auch deutlich mehr vertrauensbildende Maßnahmen einleiten. Der Kunde fährt mit seinem eigenen kleinen Haus vor, in dem er lebt. Das hat eine andere Qualität als ein reiner Gebrauchsgegenstand, den er nur benötigt, um von A nach B zu gelangen.“ 58 Betriebe haben das Siegel bislang erhalten, etwa ebenso viele Betriebe durchlaufen derzeit den Zertifizierungsprozess.

Vortag Reinhard Audorf

TRANSPARENZ, GEGENSEITIGES VERTRAUEN UND ERSATZTEILVERSORGUNG IM FOKUS

„Zwischen 30 und 60 Werkstätten aus dem Pool der ZKF Instandsetzungsbetriebe, die es richtig gut können“ will Guido Kalter für sein Schadensteuerungskonzept gewinnen. Eine „milde Form der Exklusivität“ solle auch hier in den Vertrag einfließen, allerdings zu gleichermaßen für Kunden wie Werkstätten attraktiven Konditionen. Franchise-Verträge und für die Werkstatt erdrückende Konditionsvereinbarungen wie bei anderen Wettbewerbern solle es daher nicht geben. „Diese Branche funktioniert nur mit Vertrauen. Größter Wunsch seitens des Caravan-Beirats war die Verankerung einer Preisstabilität. Um nicht denselben Krieg zu haben wie im PKW-Geschäft“, erklärte der Experte im Rahmen seines Fachvortrags zum Steuerungskonzept, in dem er auch einen kontinuierlichen, aber aufs Wesentliche beschränkten Informationsaustausch zu Reparaturprozessen anmahnte: „Der Kunde kann sich elektronisch über seinen Schadenverlauf informieren. Deshalb stehen wir mit Ihnen als Werkstatt in der Kommunikation. Aber auch nicht übermäßig. Wir telefonieren Ihnen nicht hinterher wie andere Unternehmen“, versicherte Guido Kalter. Bezüglich der Versorgung mit Ersatzteilen deute sich eine wachsende Gesprächsbereitschaft von Herstellern und Händlern an. Zunehmend beginne sich dort die Einsicht durchzusetzen, dass man die im Zuge der Flut von Neuzulassungen erwartbare Zunahme von Reparaturen nicht ohne kompetente Partner abarbeiten können werde. „Zeigen Sie mir einen Schadenmanager, der sich hierum für die Betriebe kümmert. Ich kenne im Moment keinen außer uns“, unterstrich Guido Kalter. Derzeit befinde sich der Vertrag in der rechtlichen Endprüfung und soll zum 1. Mai bereitstehen.

„DIE ERSPARNIS LIEGT IM REPARATURPROZESS“

Während der Veranstaltung hatte schaden.news auch Gelegenheit, Betriebsinhaber über das ZKF-Siegel und die Entwicklungen in der Wohnmobil-Instandsetzungsbranche zu befragen. Heinz Heymann, Geschäftsführer aus Nastätten und Gründungsmitglied des Caravan-Beirats, betont die Synergieeffekte, die die Reparatur durch einen spezialisierten Fachbetrieb mit sich bringt: „Wir haben sehr viel Erfahrung im Bereich GFK-Reparatur, Seitenwand-Reparatur, Warzenblech-Instandsetzung z.B. mit dem HBC-System. Ebenso haben wir Schreiner vor Ort, die etwa im Bereich Möbel tätig sein können und verfügen über eine integrierte Lackierabteilung. Solche Arbeiten werden beim Wohnmobil-Hersteller oftmals nicht In-house durchgeführt, sondern extern vergeben.“ Michael Strohl, Geschäftsführer aus Bruchköbel, sieht nicht zuletzt im ZKF-Fachbetriebssiegel Chancen für Werkstätten gegenüber Versicherern: „Will man als Betrieb an Versicherungen herantreten, müssen bestimmte Standards erfüllt sein, wie sie im Leitfaden des ZKF formuliert sind. Umgekehrt greift auch bei den Versicherern, dass hier vom ersten bis zum 60. Betrieb derselbe Standard existiert und sie damit beginnen können, Schäden an die Caravan-Fachbetriebe zu vermitteln.“ Dabei dürfe es jedoch nicht primär um den letzten Preis, sondern um eine für alle Beteiligten wirtschaftliche und sinnvolle Reparatur gehen, unterstreicht Heinz Heymann: „Dafür muss man in der Branche zusammenstehen, damit man hier nicht eine ähnliche Situation erlebt, wie es sie im PKW-Sektor gibt. Es gilt hier Instandsetzung vor Erneuerung. Dass die Ersparnis im Reparaturprozess liegt, lässt sich schwarz auf weiß anhand von Zahlen belegen.“

BEISPIELE AUS REPARATURPRAXIS UND KALKULATION

Welche Herausforderungen mit der Instandsetzung und Kalkulation von Wohnmobilen verbunden sind, zeigten die Vorträge von Marion und Michael Riepert und Reinhard Audorf, Verbandspräsident des Ende 2019 gegründeten Caravaning Gutachter Fachverbands. Anhand zahlreicher Beispiele wurde deutlich, dass für die Instandsetzung der rollenden Ferienwohnungen neben der allgemeinen Fahrzeugtechnik noch weitere Kenntnisse erforderlich sind, u.a. in der Elektrotechnik, der Gas- und Wasserinstallation, Holz- und Kunststofftechnik, Klebe- und Verfahrenstechnik sowie der Sandwichbauweise. Als wichtiges Hilfsmittel für die Kalkulation verwies Reinhard Audorf in diesem Zusammenhang auf das CIVD-Reparaturhandbuch, das wertvolle Informationen zu Aufbau, Fahrwerk, Vorgabezeiten oder Reparaturmaterialien liefere. Praktische Demonstrationen der SRS-Strukturblechreparatur und der Verwendung von Klebetechnologien verdeutlichten zum einen das große Potenzial, das für Werkstätten in der Instandsetzung von Reisemobilen liegt, zeigten jedoch zugleich, dass der Schlüssel dazu in der Aneignung von Fachwissen liegt, wie es auch durch die Lehrgänge des ZKF vermittelt wird.

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